Viele kennen die fünf Säulen des Islam – Gebet, Fasten, Pilgerfahrt und so weiter. Aber wusstest du, dass es auch sechs Säulen des Glaubens gibt? Diese beschreiben, woran ein Muslim im Herzen überzeugt sein muss. Sie bilden das Fundament der islamischen Weltanschauung und gehen weit über bloße Rituale hinaus.
Was bedeutet Iman eigentlich?
Das arabische Wort „Iman“ bedeutet Glauben. Aber hier geht es nicht um blinden Glauben, sondern um eine feste Überzeugung im Herzen, die sich durch die Zunge und durch Taten bestätigt. Der Prophet Muhammad beschrieb diese sechs Aspekte des Glaubens in einem berühmten Hadith, als ihn der Engel Jibril (Gabriel) fragte: „Erzähle mir vom Iman.“
Seine Antwort? „Du sollst glauben an Allah, an seine Engel, seine Bücher, seine Propheten, an den Jüngsten Tag und an die göttliche Vorherbestimmung – sei es gut oder schlecht.“ Genau diese sechs Punkte bilden die Säulen des Iman.
Der Glaube an Allah
Die erste und wichtigste Säule ist der Glaube an Allah. Dieser Glaube beinhaltet mehrere zentrale Aspekte:
- Allah ist der einzige Schöpfer. Er allein hat das gesamte Universum erschaffen und erhält es aufrecht. Niemand hat Anteil an dieser Rolle. Er ist der Versorger, der Erhalter und der Besitzer von allem, was existiert.
- Nur Allah gebührt Anbetung. Keine Dienerschaft, keine Verehrung richtet sich an jemand anderen – nicht an Propheten, nicht an Engel, nicht an Heilige, Idole oder Steine. Es gibt nichts Anbetungswürdiges außer Allah.
Allah besitzt die schönsten und vollkommensten Namen und Eigenschaften. Er ist einmalig und einzigartig, völlig anders als seine Schöpfung. Nichts Schlechtes, kein Defizit und kein Makel kann ihm zugeschrieben werden. Er ist jenseits unserer Vorstellungskraft – denn wie sollten wir uns jemanden vorstellen, der einzigartig ist und mit nichts verglichen werden kann?
Der Glaube an die Engel
Die zweite Säule umfasst den Glauben an die Engel als Geschöpfe Allahs. Sie sind Diener Gottes, die ihm niemals ungehorsam sein können. Engel haben keinerlei Recht auf Anbetung – sie sind lediglich Geschöpfe, die bestimmte Aufgaben erfüllen.
Muslime glauben an die Namen der Engel, wie sie im Koran und in der Sunna (Überlieferungen des Propheten) erwähnt werden. Jeder Engel hat spezifische Aufgaben: Manche überbringen Offenbarungen, andere sind für die Versorgung zuständig, wieder andere zeichnen die Taten der Menschen auf.
Der Glaube an die Bücher
Die dritte Säule betrifft den Glauben an die göttlichen Schriften. Muslime glauben, dass Allah verschiedenen Propheten Bücher und Offenbarungen sandte – und dass diese ursprünglich die reine Wahrheit von Allah enthielten.
Allerdings: Alle vorherigen Schriften außer dem Koran wurden im Laufe der Zeit verändert. Der Koran hingegen ist die letzte Offenbarung für die Menschheit, und keine Schrift wird nach ihm offenbart. Muslime glauben fest daran, dass der Koran vollständig der Wahrheit entspricht, keine Falschheit enthält und unverändert geblieben ist und bis in alle Ewigkeit unverändert bleiben wird.
Der Glaube an die Propheten
Die vierte Säule dreht sich um den Glauben an die Gesandten und Propheten Gottes. Muslime müssen an alle Propheten glauben – bekannt oder unbekannt – ohne einen von ihnen abzulehnen.
Alle Propheten riefen ihr Volk zur Anbetung des einzigen Gottes auf. Sie waren die besten Menschen ihrer Zeit und wurden aufgrund ihrer Tugendhaftigkeit ausgewählt. Trotzdem waren sie bloße Menschen, in keiner Weise göttlich, und nahmen niemals Anbetung für sich in Anspruch.
Die Propheten überbrachten lediglich die Botschaft Allahs – sie haben sie sich nicht selbst ausgedacht. Sie irrten sich nicht beim Überbringen der Botschaft, und der Gehorsam ihnen gegenüber ist Pflicht. Muhammad ist der letzte Prophet, nach ihm kommt kein weiterer Gesandter mehr.
Der Glaube an den Jüngsten Tag
Die fünfte Säule umfasst den Glauben an das Leben nach dem Tod und den Tag des Gerichts. Muslime sind überzeugt: Es kommt ein Tag, an dem alles ein Ende haben wird. Allah wird die Schöpfung auferstehen lassen und sie gemäß ihrer Taten verurteilen. Vollkommene Gerechtigkeit wird hergestellt.
Diejenigen, die glaubten und die richtige Religion praktizierten, indem sie den Propheten folgten, werden das Paradies für alle Ewigkeit betreten. Diejenigen hingegen, die nicht glaubten und sich Gott widersetzten, werden für alle Ewigkeit von der Nähe Gottes entfernt sein und mit dem Höllenfeuer bestraft werden.
Der Glaube an die Vorherbestimmung
Die sechste und letzte Säule ist der Glaube an die göttliche Vorherbestimmung – an das Schicksal, sei es gut oder schlecht. Dieser Glaube umfasst vier zentrale Aspekte:
Allahs Vorwissen ist vollständig. Er wusste schon immer von allem, was passieren würde und was nicht passieren würde – sogar vor der Erschaffung der Menschheit.
Allah hat alles, was bis zum Tag des Gerichts geschehen wird, in einem Buch aufgeschrieben. Dieses wird „die Mutter der Bücher“ oder „die bewahrte Tafel“ genannt.
Alles, was Allah wollte, ist eingetroffen, trifft ein und wird eintreffen. Nichts geschieht gegen oder ohne seinen Willen.
Allah hat alles erschaffen – auch unsere Handlungen. Das bedeutet aber nicht, dass wir keinen freien Willen hätten. Vielmehr ist es so: Allah weiß, was wir tun werden, aber er zwingt uns nicht dazu.
