Eine häufig diskutierte Frage ist, ob die Evolutionstheorie im Widerspruch zur islamischen Schöpfungslehre steht. Viele Menschen denken, man müsse sich zwischen Wissenschaft und Religion entscheiden. Doch ist diese Gegenüberstellung wirklich notwendig?
Worum geht es?
Evolutionstheorie und Gottesglaube
Ein wichtiger Punkt vorweg: Die Evolutionstheorie an sich ist kein Beweis gegen die Existenz Gottes.
Selbst wenn die Evolution vollständig zutreffen würde, würde sie lediglich einen Mechanismus beschreiben, wie sich Leben entwickelt hat – nicht aber, woher das Leben ursprünglich stammt oder ob ein Schöpfer diesen Prozess initiiert und gelenkt hat.
Die Theorie widerlegt also nicht die Existenz eines Schöpfers. Sie könnte höchstens bestimmte wörtliche Auslegungen religiöser Texte in Frage stellen.
Die islamische Position zur Evolution
Der Islam lehnt nicht alle Aspekte der Evolutionstheorie ab. Aus islamischer Sicht kann Allah die Arten erschaffen haben, wie Er will – auch durch einen gelenkten evolutionären Prozess.
Der Koran schließt nicht aus, dass bestimmte Tierarten durch Mutation und Selektion entstanden sein könnten.
Was der Koran jedoch klar festlegt, ist die besondere Erschaffung des Menschen. Nach islamischer Lehre stammt der Mensch nicht von Affen oder anderen Tieren ab, sondern wurde gesondert erschaffen.
Fossilien und ihre Interpretation
Wenn Evolutionstheoretiker Fossilien wie Homo erectus als “Zwischenstufen” in der Entwicklung vom Affen zum Menschen präsentieren, gibt es aus islamischer Sicht eine alternative Erklärung: Diese Fossilien könnten entweder zu ausgestorbenen Affenarten oder zu ausgestorbenen Menschenrassen gehören.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Fossilien allein nicht beweisen können, dass eine Art sich in eine andere verwandelt hat. Sie zeigen nur, dass bestimmte Lebewesen existiert haben, nicht aber ihre vollständige Abstammungslinie.
Ein anschauliches Beispiel
Ein Vergleich verdeutlicht diesen Punkt: Wenn man einen Chihuahua und einen Bernhardiner betrachtet, sind die Unterschiede enorm. Dennoch gehören beide zur selben Art (Hund) und können sich miteinander fortpflanzen.
Stellen wir uns vor, in 10.000 Jahren wären alle Hunde ausgestorben. Zukünftige Wissenschaftler fänden dann Knochenreste eines Chihuahuas und eines Bernhardiners.
Würden sie anhand der großen Unterschiede vermuten, dass es sich um verschiedene Arten handelt? Vermutlich ja, und doch wäre das falsch.
Andererseits können sich Pferde und Esel, die äußerlich viel ähnlicher erscheinen als ein Chihuahua und ein Bernhardiner, zwar paaren, aber ihr Nachwuchs (das Maultier) ist unfruchtbar – ein klares Zeichen dafür, dass es sich um verschiedene Arten handelt.
Diese Beispiele zeigen, wie schwierig es ist, nur anhand von Fossilien sichere Aussagen über die Abstammung zu machen.
Zusammengefasst
Der Islam lehnt die Evolutionstheorie nicht vollständig ab, sondern nur jene Aspekte, die im Widerspruch zur klaren Botschaft des Korans stehen – insbesondere die Behauptung, der Mensch stamme vom Affen ab.
Allah kann die Schöpfung auf jede Weise erschaffen haben, die Er wollte. Die Wissenschaft kann uns helfen, die Mechanismen dieser Schöpfung besser zu verstehen, aber sie kann die Existenz des Schöpfers selbst weder beweisen noch widerlegen.
Im Islam geht es darum, den wissenschaftlichen Fortschritt zu schätzen und gleichzeitig die Grenzen menschlichen Wissens anzuerkennen. Letztendlich ist es Allah, der die vollständige Wahrheit kennt.