950 Jahre lang versuchte ein Mann, sein Volk von der Wahrheit zu überzeugen. 950 Jahre wurde er verspottet, ausgelacht und ignoriert. Am Ende folgen ihm nur 80 Menschen – und dann kommt die größte Flut der Menschheitsgeschichte. Die Geschichte des Propheten Nuh zeigt uns nicht nur extreme Geduld, sondern auch, wie der erste Götzendienst auf der Erde entstand.
Wie der Götzendienst in die Welt kam
Nach Adam lebten die Menschen zunächst im Islam. Sie beteten Allah allein an, ohne Partner, ohne Vermittler. Alles war friedlich. Doch Iblis (Satan) hatte einen Plan – und er hatte Zeit.
Zu jener Epoche lebten fünf außergewöhnlich rechtschaffene Männer: Wadd, Suwa, Yaghuth, Ya’uq und Nasr. Das Volk liebte sie für ihre Frömmigkeit. Als diese Männer starben, trauerte die Gemeinschaft zutiefst.
Genau hier setzte Iblis an. Er nahm die Gestalt eines Menschen an und flüsterte den Trauernden eine scheinbar harmlose Idee zu: „Warum baut ihr nicht Statuen von diesen Männern? Wenn ihr sie anschaut, werdet ihr euch an Allah erinnern und mehr gute Taten vollbringen.“
Die Idee wurde akzeptiert. Statuen wurden errichtet, jede an dem Ort, wo sich die verstorbenen Männer oft aufgehalten hatten.
Die erste Generation nutzte die Statuen tatsächlich als Erinnerung an Allah. Die zweite Generation vergaß langsam den ursprünglichen Zweck. Und die dritte Generation? Iblis kam erneut und sagte: „Eure Vorfahren beteten diese Statuen an – sie sind der Grund für Regen und Segen.“
So geschah es: Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde Shirk begangen – Allah wurden Partner beigesellt. Menschen beteten Statuen an statt ihren Schöpfer.
Die Warnung des Propheten Muhammad
Warum erzählen wir diese Geschichte so ausführlich? Weil der Prophet Muhammad uns warnte, nicht denselben Fehler zu wiederholen.
Seine Frau Umm Salama erzählte ihm von einer Kirche in Abessinien, deren Wände mit Bildern geschmückt waren. Der Prophet antwortete: „Dies sind jene Menschen, die, wenn ein rechtschaffener Mensch unter ihnen stirbt, auf seinem Grab eine Gebetsstätte errichten. Solche sind aus der Sicht Allahs die schlimmsten Menschen der Schöpfung.“
Auch Aisha berichtete: Sie hatte einen Vorhang mit Bildern von beflügelten Pferden in ihrer Kammer. Als der Prophet dies sah, verfärbte sich sein Gesicht vor Zorn. Er sagte: „Die Engel treten nicht in Häuser ein, in denen Bilder sind.“
Die Botschaft ist klar: Übertreibung in der Verehrung rechtschaffener Menschen führt direkt zur Beigesellung. Es beginnt mit Bildern, Statuen, Gräbern – und endet mit Anbetung.
Der erste Gesandte wird geschickt
In diese verdorbene Zeit hinein sandte Allah den Propheten Nuh. Er war der erste Gesandte der Menschheit – einer der fünf größten Propheten überhaupt. Seine Abstammungslinie: Nuh ibn Lamak ibn Mutawashilah ibn Idris … bis zurück zu Adam. Zwischen Adam und Nuh lagen zehn Generationen (oder 1.000 Jahre).
Allah gab Nuh einen klaren Auftrag:
„Oh mein Volk, dient Allah! Keinen Gott habt ihr außer Ihm. Gewiss, ich fürchte für euch die Strafe eines gewaltigen Tages.“
Die Antwort kam sofort – aber nicht vom einfachen Volk. Die Antwort kam von den Führern, den Reichen, denen mit Einfluss:
„Wir sehen dich wahrlich in deutlichem Irrtum.“
Wer folgte Nuh? Die Armen und Schwachen
Wie in den meisten Prophetengeschichten waren es die Armen und Schwachen, die zuerst glaubten. Die Reichen und Mächtigen hatten zu viel zu verlieren – Macht, Status, Wohlstand.
Die Führer sagten zu Nuh: „Wir sehen, dass nur die dir folgen, die unsere niedrigsten sind. Wir sehen bei euch keinen Vorzug gegenüber uns.“
Nuhs Antwort war klar und würdevoll: „Ich verlange von euch keinen Besitz dafür. Mein Lohn obliegt nur Allah. Und ich werde nicht diejenigen abweisen, die glauben. Wie soll ich mich vor Allah rechtfertigen, wenn ich sie abweise?“
950 Jahre Ausdauer – jede Methode versucht
Stell dir vor: 950 Jahre lang rief Nuh sein Volk zur Wahrheit. Er probierte jeden Ansatz:
- Er rief sie tagsüber an
- Er rief sie nachts an
- Er sprach öffentlich zu ihnen
- Er sprach im Geheimen mit ihnen
Er sagte: „Bittet euren Herrn um Vergebung! Er wird euch mit Regen segnen, mit Besitz und Söhnen unterstützen, Gärten für euch anlegen.“
Doch nichts funktionierte. Im Gegenteil: Jedes Mal, wenn er sie aufrief, steckten sie sich die Finger in die Ohren. Sie bedeckten ihre Gesichter mit ihrer Kleidung, weil sie ihn nicht einmal ansehen wollten. Sie verhielten sich hochmütig und verhärteten sich in ihrem Unglauben.
Nach 950 Jahren kamen sie sogar zu ihm und fragten provokant: „Wo ist die Strafe, von der du all die Jahre geredet hast? Zeig sie uns, wenn du wahrhaftig bist!“
Das Schiff in der Wüste
Allah offenbarte Nuh: „Niemand aus deinem Volk wird mehr glauben, außer denen, die bereits geglaubt haben. Sei nicht bekümmert.“
Dann kam der Befehl: „Baue ein Schiff – mitten in der Wüste.“
Ein Schiff? In der Wüste? Wo es weit und breit kein Wasser gibt, geschweige denn Bäume für Holz?
Doch Nuh gehorchte. Allah lehrte ihn, wie er Bäume anpflanzen kann. Die Bäume wuchsen, wurden gefällt, und Nuh begann zu bauen. Das Schiff wurde 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch – mit drei Etagen.
Die Leute kamen vorbei und lachten: „Erst ruft er uns jahrhundertelang zu seiner Religion, dann wird er Schreiner in der Wüste!“ Sie spotteten über ihn, nannten ihn einen Verrückten, einen Besessenen.
Nuh antwortete gelassen: „Wenn ihr über uns spottet, werden wir auch über euch spotten. Bald werdet ihr erfahren, über wen eine Strafe kommt, die Schande bringt.“
Das Zeichen kommt – die Flut beginnt
Allah gab Nuh ein Zeichen: „Wenn du siehst, dass aus dem Ofen Wasser statt Feuer kommt, dann steig aufs Schiff.“
Das Zeichen erschien. Nuh rief die Gläubigen zusammen – nur etwa 80 Menschen. Sie stiegen aufs Schiff, zusammen mit je einem Männchen und Weibchen jeder Tierart. Die Ungläubigen schauten verwirrt zu: Was machen die da?
Dann begann es. Nicht normaler Regen – sondern Wasser wie aus Eimern gekippt. Gleichzeitig sprangen Quellen aus dem Boden hervor. Wasser von oben, Wasser von unten.
„Da öffneten Wir die Tore des Himmels mit niederströmendem Wasser und ließen aus der Erde Quellen hervorströmen.“ (54:11-12)
Den Ungläubigen verging das Lachen. Sie flohen auf ihre Dächer, rannten auf Berge. Überall Chaos, Schreie, Panik. Das Wasser stieg bis zur Höhe der Berge.
Die Tragödie mit dem Sohn
Nuh erinnerte sich an seinen Sohn Yam (auch Kanan genannt). Er hatte nicht ans Schiff geglaubt und war nicht an Bord.
Vom Schiff aus sah Nuh seinen Sohn verzweifelt um sein Leben kämpfen. Er rief: „Oh mein Sohn! Steig mit uns ein und sei nicht mit den Ungläubigen!“
Der Sohn, stur bis zum Ende: „Ich werde auf einem Berg Zuflucht suchen, der mich vor dem Wasser schützt.“
Nuh: „Es gibt heute nichts, das vor dem Befehl Allahs schützen könnte, außer für den, dessen Er sich erbarmt.“
Die Wogen trennten Vater und Sohn. Der Sohn ertrank.
Nuh betete zu Allah: „Mein Herr, mein Sohn gehört zu meinen Angehörigen, und Dein Versprechen ist die Wahrheit.“
Allah antwortete: „Oh Nuh, er gehört nicht zu deinen Angehörigen. Er ist eine Tat, die nicht rechtschaffen ist. Bitte Mich nicht um etwas, wovon du kein Wissen hast.“
Auch Nuhs Ehefrau war nicht an Bord – sie hatte nicht an ihn geglaubt und sogar Informationen an die Führer des Volkes weitergegeben.
Das Ende der Flut
Nach Tagen oder Monaten auf dem Wasser kam der göttliche Befehl:
„Oh Erde, schlucke dein Wasser! Oh Himmel, halt ein!“
Das Wasser nahm ab. Das Schiff setzte auf dem Berg Judi auf (nach einigen Berichten in der arabischen Halbinsel, nach anderen im Irak). Nuh schickte eine Taube los, die mit einem Olivenblatt im Schnabel zurückkehrte – das Zeichen, dass die Erde wieder trocken wurde.
Allah sprach: „Oh Nuh, steige hinunter in Frieden von Uns und mit Segnungen über dich.“
Der zweite Vater der Menschheit
Nach der Flut gab es nur noch Gläubige auf der Erde. Nuh wird deshalb auch der „zweite Vater der Menschheit“ genannt (nach Adam). Alle Menschen stammen von seinen drei Söhnen ab:
- Sam: Vater der Araber und Semiten
- Ham: Vater der Abessinier und Sudaner
- Yafith: Vater der Turkvölker und Römer (und möglicherweise von Yajuj und Majuj)
Als Nuh im Sterben lag, gab er seiner Nachkommenschaft ein letztes Gebot:
„Ich gebiete dir La ilaha illa Allah (Niemand hat das Recht auf Anbetung außer Allah). Wenn die sieben Himmel und die sieben Erden in eine Schale gelegt würden und diese Worte in eine andere, würden die Worte schwerer wiegen. Und ich gebiete dir Subhanallah wal-hamdulillah, denn mit diesen wird jedes Gebet verrichtet.“
Und ich verbiete dir den Unglauben und den Hochmut.
Was lehrt uns diese Geschichte?
Die Geschichte von Nuh ist mehr als ein historischer Bericht. Sie zeigt uns:
Erstens: Wie Götzendienst entsteht – langsam, schleichend, durch Übertreibung in der Verehrung Rechtschaffener. Es beginnt harmlos mit Bildern und Statuen und endet mit Anbetung.
Zweitens: Wahre Geduld und Standhaftigkeit. 950 Jahre lang blieb Nuh seiner Mission treu, trotz Spott, Ablehnung und sogar familiärer Enttäuschung.
Drittens: Allah rettet die Gläubigen, egal wie wenige sie sind. Nur 80 Menschen folgten Nuh – aber sie wurden gerettet.
Viertens: Blutsverwandtschaft bedeutet nichts ohne Glauben. Nuhs Frau und Sohn ertranken, obwohl sie seine Familie waren.
Nuhs Botschaft war dieselbe wie die aller Propheten: „Dient Allah allein und meidet die falschen Götter.“ Diese einfache, klare Wahrheit wird bis zum Ende der Zeit bestehen bleiben.
