Im Islam gibt es sechs grundlegende Glaubensgrundsätze, die als die “Säulen des Glaubens” (Arkan al-Iman) bekannt sind.
Diese Säulen bilden das Fundament des islamischen Glaubens und werden in einem berühmten Hadith (Überlieferung) erwähnt, in dem der Engel Gabriel den Propheten Muhammad über den Glauben (Iman) befragt.
Der Prophet antwortete:
“Der Glaube (Iman) ist, dass du an Allah glaubst, an Seine Engel, an Seine Bücher, an Seine Gesandten, an den Jüngsten Tag und an die Vorherbestimmung mit ihrem Guten und ihrem Schlechten.”

Diese sechs Grundsätze sind für jeden Muslim verpflichtend zu glauben. Im Koran werden diese Grundsätze ebenfalls bekräftigt:
“Der Gesandte glaubt an das, was von seinem Herrn zu ihm herabgesandt wurde, und die Gläubigen: sie alle glauben an Allah, Seine Engel, Seine Bücher und Seine Gesandten.” (Koran 2:285)
Lass uns jede Säule näher betrachten.
Worum geht es?
1. Der Glaube an Allah
Der Glaube an Allah ist die wichtigste Säule des islamischen Glaubens. Dieser Glaube besteht aus vier wesentlichen Aspekten:
Die Existenz Allahs
Die Komplexität des Universums und des Lebens auf der Erde weist klar auf einen Schöpfer hin:
- Die menschliche DNA ist so komplex, dass ihr zufälliges Entstehen unmöglich ist
- Das Sonnensystem ist perfekt ausbalanciert, sodass Leben möglich ist
- Selbst eine kleine Veränderung in der Zusammensetzung der Luft oder des Wassers würde Leben unmöglich machen

Die Herrschaft Allahs (Rububiyya)
Allah ist der einzige Schöpfer, Versorger und Lenker des Universums. Alles liegt in Seiner Hand.
“Sprich: Wer versorgt euch vom Himmel und von der Erde? Oder wer verfügt über Gehör und Augenlicht? Und wer bringt das Lebendige aus dem Toten und bringt das Tote aus dem Lebendigen hervor? Und wer regelt alle Angelegenheiten? Sie werden sagen: ‘Allah.’ Sprich: Wollt ihr denn nicht gottesfürchtig sein?” (Koran 10:31)
Menschen können zwar erschaffen und versorgen, aber nur mit den Mitteln, die Allah ihnen zur Verfügung stellt.
Die Einzigartigkeit Allahs in der Anbetung (Uluhiyya)
Nur Allah allein verdient Anbetung. Der Koran sagt:
“Und dient Allah und gesellt Ihm nichts bei.” (Koran 4:36)
Es gibt zwei Arten von Menschen, die gegen dieses Prinzip verstoßen:
- Diejenigen, die andere anstelle von Allah anbeten
- Diejenigen, die Allah und andere neben Ihm anbeten
Diejenigen, die andere neben Allah anbeten, tun dies meist aus zwei Gründen:
- Sie suchen Fürsprecher bei Allah: “Sie dienen anstatt Allahs dem, was ihnen weder schadet noch nützt, und sagen: ‘Das sind unsere Fürsprecher bei Allah.'” (Koran 10:18)
- Sie wollen Allah näher kommen: “Diejenigen, die anstelle Seiner Schutzherren nehmen, sagen: ‘Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Allah nahe bringen.'” (Koran 39:3)
Die Namen und Eigenschaften Allahs
Allah hat vollkommene Namen und Eigenschaften, die Seiner Majestät und Größe entsprechen. Ein wichtiger Vers fasst dieses Konzept zusammen:
“Nichts ist Ihm gleich; und Er ist der Allhörende, der Allsehende.” (Koran 42:11)
Dieser Vers enthält sowohl eine Verneinung als auch eine Bestätigung:
- Verneinung: “Nichts ist Ihm gleich” – Allah ist nicht vergleichbar mit Seiner Schöpfung
- Bestätigung: “Er ist der Allhörende, der Allsehende” – Allah hat Eigenschaften wie Hören und Sehen
Alle Eigenschaften, die Allah sich selbst zuschreibt, müssen wir bestätigen, aber wir müssen auch verstehen, dass sie nicht den menschlichen Eigenschaften gleichen.
Wenn Allah hört oder sieht, dann nicht wie ein Mensch hört oder sieht.
Allah ist weder Mann noch Frau, ist unabhängig von Raum und Zeit und übersteigt unsere Vorstellungskraft.
2. Der Glaube an die Engel
Der Glaube an die Engel (Mala’ika) ist die zweite Säule des islamischen Glaubens.
Dies bedeutet, den festen Glauben ohne Zweifel an die Existenz der Engel und alle authentisch durch Koran und Sunna überlieferten Details über sie zu haben.
Erschaffung und Natur der Engel
Engel wurden aus Licht erschaffen, wie ein Hadith in Sahih Muslim (Nr. 2996) belegt. Sie wurden vor den Menschen erschaffen, was wir aus Sure 2, Vers 30 wissen:
“Als dein Herr zu den Engeln sprach: ‘Ich bin dabei, auf der Erde einen Statthalter einzusetzen’…”
Engel sind Allah vollkommen gehorsam. Der Koran beschreibt sie so:
“Sie sind ihrem Herrn nicht ungehorsam in dem, was Er ihnen befiehlt, und sie tun, was ihnen befohlen wird.” (Sure 66:6)
Die Anzahl der Engel ist gewaltig. Ein Hadith in Sahih Bukhari (Nr. 307) erwähnt, dass jeden Tag 70.000 Engel das himmlische Haus Baitul Ma’mur betreten und nie wieder zurückkehren, wobei immer neue Engel folgen.
Bekannte Engel und ihre Aufgaben
- Jibril (Gabriel): Der edelste aller Engel, bekannt als “Ruh al-Qudus” (der heilige Geist). Seine Hauptaufgabe ist die Übermittlung der göttlichen Offenbarung an die Propheten.
- Mika’il (Michael): Zuständig für Regen und Pflanzen, wie in einer Überlieferung von Tabarani (Nr. 1261) erwähnt.
- Israfil: Wird am Jüngsten Tag in die Posaune blasen. Im Koran heißt es: “Und es wird ins Horn geblasen, da bricht zusammen wie vom Donnerschlag getroffen, wer im Himmel und wer auf Erden ist, außer wem Allah will. Hierauf wird ein weiteres Mal hineingeblasen, da stehen sie zugleich auf und schauen.” (Sure 39:68)
- Malak al-Mawt (Todesengel): Im Koran erwähnt als der Engel, der die Seelen der Sterbenden nimmt.
- Malik: Der Wächter des Höllenfeuers, erwähnt in Sure 43:77: “Und sie rufen: ‘O Malik! Dein Herr soll unserem Leben ein Ende setzen.’ Er sagt: ‘Gewiss, ihr werdet hier bleiben.'”
- Ridwan: Als Wächter des Paradieses bekannt, obwohl dieser Name auf nicht vollständig authentische Überlieferungen zurückgeht.
- Munkar und Nakir: Die zwei Engel, die die Verstorbenen im Grab befragen.
- Harut und Marut: Im Koran erwähnt (Sure 2:102) als zwei Engel, die in Babylon waren und die Menschen vor der Zauberei warnten.
Weitere Engel und ihre Funktionen
- Schutzengel: Jeder Mensch hat Engel, die ihn beschützen: “Er hat vor sich und hinter sich Begleiter, die ihn auf Allahs Befehl beschützen.” (Sure 13:11)
- Schreiberengel: Dokumentieren die Taten der Menschen: “Über euch sind wahrlich Hüter eingesetzt, edle, die alles aufschreiben.” (Sure 82:10-11)
- Thronträger: Riesige Engel, die Allahs Thron tragen. Am Jüngsten Tag werden es acht sein, wie in Sure 69:17 erwähnt: “Und die Engel befinden sich an seinen Seiten, und den Thron deines Herrn werden über ihnen an jenem Tag acht tragen.”
Eigenschaften der Engel
Die Engel haben unterschiedliche Größen und Formen.
Der Prophet sah Jibril in seiner wahren Gestalt und beschrieb, dass er den gesamten Horizont ausfüllte (Sahih Muslim, Nr. 177).
Die Engel haben Flügel, wie der Koran erwähnt:
“Alles Lob gebührt Allah, dem Erschaffer der Himmel und der Erde, Der die Engel zu Gesandten gemacht hat mit Flügeln, (je) zwei, drei und vier. Er fügt Seiner Schöpfung hinzu, was Er will.” (Sure 35:1)
Einige Engel haben mehr als vier Flügel. Jibril wurde mit 600 Flügeln beschrieben.
Engel können in menschlicher Gestalt erscheinen, wie es bei Jibril der Fall war, als er den Propheten in Gegenwart seiner Gefährten besuchte, oder bei Maryam (Maria), als ihr ein Engel in Menschengestalt erschien.
Bedeutung des Glaubens an die Engel
Der Glaube an die Engel stärkt den Glauben an das Verborgene (Ghaib), was eine wichtige Eigenschaft der Gläubigen ist. Er verdeutlicht:
- Die Allmacht Allahs, der solch gewaltige Wesen erschaffen hat
- Die Bedeutung des Gehorsams, da die Engel Allah vollkommen gehorchen
- Das Bewusstsein, dass unsere Taten aufgezeichnet werden
3. Der Glaube an die Bücher
Der Glaube an die heiligen Bücher (Kutub) ist die dritte Säule des islamischen Glaubens.
Er bedeutet den festen Glauben ohne Zweifel, dass Allah Bücher zur Rechtleitung mit Seinen Worten herabgesandt hat, sowie den Glauben an alle Details, die uns authentisch durch den Koran oder die Sunna übermittelt werden.

Die namentlich erwähnten Bücher im Koran
Im Koran werden folgende heilige Schriften namentlich erwähnt:
- Der Koran (Al-Qur’an): Offenbart an den Propheten Muhammad durch den Engel Gabriel.
- Die Thora (At-Tawrat): Offenbart an den Propheten Moses (Musa). “Wir haben die Thora hinabgesandt, die Rechtleitung und Licht enthält.” (Sure 5:44)
- Das Evangelium (Al-Injil): Offenbart an den Propheten Jesus (Isa). “Und Wir ließen ihnen Jesus, den Sohn Marias, folgen, der bestätigte, was von der Thora vor ihm vorhanden war, und Wir gaben ihm das Evangelium, das Rechtleitung und Licht enthält.” (Sure 5:46)
- Die Psalmen (Az-Zabur): Offenbart an den Propheten David (Dawud). “Und Dawud haben Wir die Zabur gegeben.” (Sure 4:163)
- Die Schriften Abrahams (Suhuf Ibrahim): Die Schriftblätter, die Abraham offenbart wurden. “Dies steht wahrlich in den früheren Schriften, den Schriften Abrahams und Moses.” (Sure 87:18-19)
Das Verhältnis zwischen dem Koran und früheren Schriften
Der Islam lehrt, dass alle Propheten dieselbe Grundbotschaft vermittelten: den reinen Monotheismus (Tauhid). Allah sagt im Koran:
“Und Wir haben in jeder Gemeinschaft einen Gesandten erweckt (der sprach): ‘Dient Allah und meidet die falschen Götter.'” (Sure 16:36)
Die grundlegende Glaubenslehre war immer gleich, aber die Gesetzgebungen (Scharia) konnten sich je nach Zeit und Volk unterscheiden.
Der Koran wurde als letzte und vollständige Offenbarung für alle Menschen gesandt:
“Segensreich ist Derjenige, Der den Furqan (Unterscheidung zwischen Wahrheit und Falschheit) auf Seinen Diener herabgesandt hat, damit er eine Warner für die Welten sei.” (Sure 25:1)
Veränderungen in früheren Offenbarungen
Der Koran bestätigt, dass frühere Offenbarungen verfälscht wurden. Diese Veränderungen können sein:
- Hinzufügungen von Text, der nicht Teil der ursprünglichen Offenbarung war
- Weglassungen von Teilen der ursprünglichen Offenbarung
- Änderungen am Text oder seiner Interpretation
Dies wird an mehreren Stellen im Koran erwähnt:
“Hegt ihr (Muslime) denn Hoffnung, dass sie euch Glauben schenken, wo doch ein Teil von ihnen das Wort Allahs hörte und es dann, nachdem er es verstanden hatte, wissentlich verfälschte?” (Sure 2:75)
“Wehe denen, die das Buch mit ihren eigenen Händen schreiben und dann sagen: ‘Dies ist von Allah’, um dafür einen geringen Preis zu erlangen.” (Sure 2:79)
“Und unter ihnen gibt es welche, die ihre Zungen beim Lesen des Buches verdrehen, damit ihr meint, es sei aus dem Buch, während es nicht aus dem Buch ist.” (Sure 3:78)
Der Koran als geschützte Offenbarung
Im Gegensatz zu früheren Offenbarungen hat Allah versprochen, den Koran zu bewahren:
“Wahrlich, Wir haben die Ermahnung (den Koran) herabgesandt, und Wir werden gewiss ihr Hüter sein.” (Sure 15:9)
Allah bestätigt, dass im Koran vieles bestätigt wird, was in früheren Schriften enthalten war, und dass der auch aufzeigt, was verändert wurde:
“Und Wir haben zu dir das Buch mit der Wahrheit herabgesandt, das bestätigt, was von der Schrift vor ihm da war, und als Wächter darüber.” (Sure 5:48)
Wie Muslime mit Informationen aus früheren Schriften umgehen
Der Prophet Muhammad gab eine klare Anweisung zum Umgang mit Informationen aus früheren Schriften:
“Bezichtigt nicht die Leute der Schrift der Lüge und glaubt ihnen nicht (bedingungslos), sondern sagt: ‘Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde.'”
Daher folgen wir als Muslime diesen Richtlinien:
- Wenn eine Information aus früheren Schriften den Koran bestätigt, akzeptieren wir sie als korrekt.
- Wenn eine Information dem Koran widerspricht, betrachten wir sie als verändert oder verfälscht.
- Bei Informationen, über die der Koran schweigt, bleiben wir neutral und sagen “Allah weiß es am besten” (Allahu A’lam).
4. Der Glaube an die Propheten
Allah hat zu allen Völkern Propheten gesandt, um sie zur Wahrheit zu führen. Im Koran werden 25 Propheten namentlich erwähnt, darunter:
- Adam: Der erste Mensch und Prophet
- Noah (Nuh): Der seine Gemeinschaft vor der Flut warnte
- Abraham (Ibrahim): Der Freund Allahs und Erbauer der Kaaba
- Moses (Musa): Dem die Thora offenbart wurde
- Jesus (Isa): Der von einer Jungfrau geboren wurde und Wunder vollbrachte
- Muhammad: Der letzte Prophet und Überbringer des Korans
Muslime glauben, dass alle Propheten dieselbe grundlegende Botschaft brachten: den Glauben an den einen Gott und ein rechtschaffenes Leben zu führen.
5. Der Glaube an den Jüngsten Tag
Der Glaube an das Leben nach dem Tod und den Tag des Gerichts ist ein zentraler Bestandteil des islamischen Glaubens.
Nach dem Tod werden die Seelen im Barzakh (einer Zwischenwelt) verweilen, bis zum Tag der Auferstehung.
An diesem Tag werden alle Menschen auferweckt und für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Jede Seele wird nach ihren Taten beurteilt, und nichts bleibt verborgen:
“An jenem Tag wird keiner Seele Unrecht geschehen, und ihr werdet nur für das belohnt, was ihr zu tun pflegtet.” (Koran 36:54)
6. Der Glaube an die göttliche Vorherbestimmung (Qadar)
Die letzte Säule des Glaubens ist der Glaube an Qadar – die göttliche Vorherbestimmung. Dies bedeutet, dass Allah alles weiß und alles im Universum bereits festgelegt hat.
Der Glaube an Qadar umfasst vier Aspekte:
- Allah weiß alles – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
- Allah hat alles aufgezeichnet
- Nichts geschieht ohne Allahs Willen
- Allah ist der Schöpfer aller Dinge
Dennoch hat der Mensch einen freien Willen und ist für seine Entscheidungen verantwortlich.